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Überblick

Wie entwickelt sich diese für eine Verkehrskultur des vorausschauenden Miteinanders so wichtige Fähigkeit im Laufe der Volksschulzeit? Auf welchem Ausgangsniveau kann zu Schulbeginn aufgebaut werden?

1. Egozentrisches Weltbild - Perspektivenwechsel

Kinder bis zum Alter von ca. 7 Jahren haben ein egozentrisches Weltbild. Sie erleben sich als Mittelpunkt ihrer Welt. Einerseits hilft ihnen das dabei, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Andererseits bedeutet dies aber auch, dass sie sich noch nicht in die Position anderer Verkehrsteilnehmer:innen hineinversetzen können, weil sie noch nicht die Perspektive wechseln können. Für sichere Verkehrsteilnahme ergibt sich daraus, dass Kinder in dieser Entwicklungsphase noch nicht die Fähigkeit haben, die Absichten anderer Verkehrsteilnehmer:innen zu erkennen und zu verstehen.

Unser Tipp an Sie

Die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme kann durch Rollenspiele und auch durch Beobachtung und Nachahmen von anderen Personen in kleinen Schritten geübt werden.

Sie können Ihrem Kind helfen, die Absichten der anderen Verkehrsteilnehmenden besser zu erkennen, indem Sie ihm erklären, was die anderen warum vorhaben. „Schau mal, hier leuchtet der Blinker des Autos, die Fahrerin wird jetzt gleich links abbiegen.“ „Schau mal, der Radfahrer gibt ein Handzeichen, er möchte gleich rechts abbiegen.“

Mit Überwinden des kindlichen Egozentrismus mit ca. 7 Jahren verbessern sich die sozial-emotionalen Fähigkeiten, es wird schrittweise ein Hineinversetzen in andere Verkehrsteilnehmer:innen möglich. Mit 8 bis 10 Jahren kann ein Kind die Perspektive wechseln und weiß, dass dies auch die andere Person kann. Mit 10 bis 12 Jahren gelingt es dem Kind dann in einem nächsten Entwicklungssprung, zusätzlich die Perspektive einer dritten Person einzunehmen. Durch die Fähigkeit des Perspektivenwechsels kann das Kind nicht nur die Absichten der anderen Verkehrsteilnehmer:innen besser einschätzen, es kann auch ein für sichere Verkehrsteilnahme notwendiges Verständnis des Verkehrssystems entwickeln.

2. Starke Emotionen als Triebfeder kindlichen Handelns

Handlungsimpulse sind bei Kindern ausgeprägt gefühlsbasiert, was spontanes Agieren begünstigt.  Die stark emotionale Besetzung von zum Beispiel Bezugspersonen, Tieren oder Spielzeugen kann spontan-impulsive Handlungsmuster auslösen, die die Verkehrssicherheit, wie im folgenden Bild dargestellt, massiv gefährden können.

Die stark emotionsbezogene Handlungsgrundlage bei Kindern im Volksschulalter bedeutet auch, dass Entscheidungen mehr personenbezogen und weniger sachbezogen getroffen werden.

Unser Tipp an Sie

Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Sie sind eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Bezugsperson für Ihr Kind. Es wird gerne von Ihnen als Rollenmodell und Vorbild lernen.

3. Magisches Denken

Was bedeutet magisches Denken? Puppen und Teddybären werden gefüttert, große Figuren passen in kleine Autos, das Fahrrad wird zum Rennauto, das Kind zum Superhelden. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Die entwicklungspsychologische Phase des magischen Denkens, in welcher Realität und Phantasie mitunter verschmelzen, findet schwerpunktmäßig im Kindergartenalter statt, kann aber durchaus auch bei Schulanfänger:innen noch andauern. Magisches Denken kann von den Kindern nicht aus- und eingeschaltet werden. Es betrifft somit auch ihr Verkehrsverhalten. Das Verwischen und Verschmelzen von Realität und Phantasie birgt in der Verkehrswirklichkeit große Risiken. Werden beispielsweise wie auf unserem Bild Fahrzeuge personifiziert und die Scheinwerfer des Autos mit seinen Augen gleichgesetzt, so kann das Kind fälschlicherweise zu der Überzeugung kommen, dass der Fahrer/die Fahrerin es bereits gesehen hat, weil es selbst ja auch bereits die Augen des Autos gesehen hat.

Kindern in der Phase des magischen Denkens fehlt auch die Einsicht in die Gefährlichkeit von Verkehrssituationen. Aus ihrer Sicht ist das auch verständlich. Was sollte einem als Superheld schon passieren können? Detaillierte Informationen dazu finden Sie auch unter dem Unterpunkt „Entwicklung des Gefahrenbewusstseins“ als wichtigen Bereich der intellektuell-kognitiven Leistungsfähigkeit.

Auch im folgenden Video wird anhand der Antworten von Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren eindrücklich veranschaulicht, was magisches Denken bedeutet.

Unser Tipp an Sie

Machen Sie sich das noch magische Denken Ihres Kindes zu Beginn der Volksschule bei der Verkehrserziehung zunutze, indem Sie die Verkehrserziehung zum Beispiel spielerisch mit Handpuppen oder Rollenspielen durchführen. Am Ende der Volksschulzeit, wenn ihr Kind dem magischen Denken entwachsen ist, sind andere didaktische Vorgehensweisen gefragt.

Auch wenn Ihr Kind bereits über viel Verkehrswissen verfügt, aufgrund der Kombination von egozentrischem Weltbild und magischem Denken kann ihr Kind Gefahren im Straßenverkehr noch nicht eigenverantwortlich realistisch einschätzen. Es braucht hierfür noch viel Erklärung, was sich warum in einer bestimmten Situation ereignen könnte und worauf es deshalb zu achten gilt.